Video Buteyko-Theorie
In diesem Video präsentiere ich die Buteyko Methode anhand von Studien, Diagrammen und ein paar Geschichten. Die Methode, vielmehr ihr Entdecker Dr. Konstantin Buteyko, hätte meiner Ansicht nach mind. einen Nobelpreis verdient. Dr. Buteyko war sogar an der Forschung für die erste Welraummission der Menschheit beteiligt (siehe Foto des Labors weiter unten). Ich lehre Buteyko seit vielen Jahren und staune immer noch über die Wirksamkeit. Wichtig zu verstehen ist, dass es sich um eine unabhängige Methode handelt, die im Grunde vor allem zur Analyse benutzt wird, was gut für unsere Atmung/ Gesundheit ist und was nicht. D.h. man kann seine Lieblingsmethoden, Meditationen, Techniken meist nicht nur weiter ausführen, sondern bekommt noch Feedback und kann sie dann sogar noch besser ausführen. Nach nunmehr über 300 Einzelcoaching jeweils über mehrere Monate kann ich sagen, dass die meisten Leute überrascht waren, wie schnell sie in ihren natürlichen Zustand zurückkamen.
Buteyko-Methode-Zusammenfassung
Dr. Konstatin Buteyko war ein berühmter russischer Arzt. Er hat mehr als hundert Ärzte und tausende Krankenschwestern, Physiotherapeuten usw. in der nach ihm benannten Buteyko-Methode ausgebildet. Der in der Ukraine geborene Wissenschaftler und praktizierende Arzt entwickelte eine Therapie gegen Zivilisationskrankheiten wie Asthma, Allergien, Blutdruckbeschwerden, Depressionen, Übergewicht, Impotenz, Neigung zu Erkältungen, Panikattacken, Diabetes, Hormonstörungen, versch. Hautkrankheiten, versch. Verdauungsstörungen und viele andere (ca 150 Zivilisationskrankheiten), die oft ohne Medikamente auskommt und als Buteyko-Methode in Russland weit verbreitet ist. Heutzutage gibt es weltweit Millionen von Praktizierenden. Buteyko hat folgendes rausgefunden:
Wenn Menschen in Ruhe weniger Atmen, als 4 l pro Minute, besonders auch im Schlaf, dann haben sie so gut wie nie chronische Krankheiten. Dr. Rakhimov, ein russischer Wissenschaftler hat dazu hunderte wissenschaftliche Studien untersucht. Sie werden in dem Buch „Normal Breathing, the key to human health“ (Rakhimov, 2014) aufgeführt und bestätigen Buteykos Vermutungen. Auch James Nestor, Autor des New York Times Bestsellers „Breath, The New Science of a Lost Art“ (Nestor, 2020) zitiert Dr. Rakhimov mehrfach.
Viel erstaunlicher ist aber noch die Beobachtung, was in der Praxis passiert, wenn Leute von bspw. 20 l oder 15 l Atemluft pro Minute rund um die Uhr (in Ruhe gemessen) durch Training und Lifestyleveränderungen wieder auf 4 l pro Minute (in Ruhe) kommen. Wir haben es im Coaching schon hundertfach gesehen. Leute erlangen ihren natürlichen Zustand mit funktionalen Selbstheilungskräften zurück.
Buteykos Sohn hat dies in seinem frei erhältlichen Aufsatz sehr anschaulich, wenn auch ein wenig abstrakt erklört. https://www.buteyko.ru/izdan/Buteyko_intellect.pdf
Er schreibt in dem Aufsatz, dass das System der Atmung im Körper das übergeordnete System ist. Es zeigt den Gesundheitszustand in den meisten Fällen sehr präzise an. Der Wert der Minutenventilation in Ruhe und Rund um die Uhr kann dafür herangezogen werden zu überprüfen, inwieweit die Gesundheit durch die verschiedenen Lifestylefaktoren, wie Schlaf, Ernährung, Medikamente, Sport usw. beeinflusst wird. Andere Systeme des Körpers sind insofern der Atmung unter geordnet und beeinflussen die Atmung im unterschiedlichen Maße.
Mit diesem Wissen können wir rausfinden, was individuell für Dich gut, neutral oder schädlich ist. Besonders hilfreich ist für die Praxis dieser Analyse, dass Buteyko einige Jahre nach seiner Entdeckung einen ziemlich präzisen Test entwickelt hat, mit dem man seine Minutenventilation ohne teure Geräte jederzeit messen kann. Er nannte dies CP-Test. Dazu findest du viel in meinen Büchern. Besonders das neue Buch (2024) geht das Thema CP-Test in noch nie da gewesener Tiefe an: Neues Buch
Die Entdeckung Dr. Buteykos (kurz)
Wie war Buteyko auf seine Erkenntnisse gekommen?
Buteyko hatte selber eine sehr schwere Krankheit und er bemerkte eines Tages, dass er seine eigenen Symptome, der damals oft tödlich verlaufenden Form des Bluthochdrucks – maligne Hypertonie ist der medizinische Fachbegriff –, mit reduzierter Atmung und gleichzeitiger Entspannung zum Verschwinden bringen konnte. Später brachte er mit der Verfeinerung und vielen Erweiterungen der Technik die Krankheit sogar ganz zum Verschwinden. Und dies obwohl ihm von mehreren Ärzten nur noch eine Lebenserwartung von 1-2 Jahren zugesprochen wurde!
Den gleichen Effekt beobachtete er dann bei Asthmatikern und anderen chronisch Kranken, deren Anfälle oder Symptome mit dieser Form des entspannten, reduzierten Atmens oft aufhörten oder sich sukzessive verbesserten. Er fing an zu forschen und benutzte die besten Geräte um das Niveau des Oᴤ und vieler.anderer Werte im Körper festzustellen. Später konnte er als Manager des Labors für funktionale Diagnostik in Novosibirsk, in welchem er auch Forschung für die erste russische Weltraummission machte, seine Erkenntnisse vertiefen. Die Gasversorgung des Raumschiffes des ersten Astronauten im All geht somit ebenfalls teilweise auf Buteykos Forschung zurück. Hier ist ein Foto von Dr. Buteyko mit seinen Mitarbeitern in seinem Labor in den 60er Jahren.
Er benutze bereits damals einen der ersten Computer, die es überhaupt gab und den sogenannte Komplexator. Dies war eine Maschine (siehe Foto), die Buteyko selber zusammen gebaut hatte. Sie konnte über 30 Werte, die mit Gesundheit und Atmung im Zusammenhang stehen in Echtzeit aufzeichnen. Dies alles wurde damals noch auf langen Papierrollen aufgezeichnet, die Buteyko dann in langen Stunden analysierte. Nichtsdestotrotz konnte er seine ersten Erkenntnisse immer wieder verifizieren und im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden mit der Buteyko-Methode in ganz Russland bei über 80 chronischen Krankheiten erfolgreiche Studien betrieben. Leider sind nur wenige von diesen Studien ins Englische übersetzt worden. Es gibt aber auch einige erstaunlich erfolgreiche westliche Studien zu der Buteyko-Methode. (Link normalbreathing Studies).
Wie war Buteyko denn jetzt auf die Methode gekommen? Was war passiert? Mithilfe von einigen Quellen und der Erzählungen von verschiedenen Ausbildern der Methode, wie meinem Freund Dr. Rakhimov, die ihn oder seine Frau Ludmilla Buteyko noch selber kennengelernt haben, wird es sich in etwa so zugetragen haben, wie hier weiter unten beschrieben. Wenn es dich also interessiert, wie Buteyko auf seine sensationellen Erkenntnisse gekommen ist, dann ließ dir die folgende kurze Geschichte in Ruhe durch:
(Weitere Informationen dazu finden sich bspw. in Buteykos Biographie „The Destruction of the Laboratory) von Sergey Althukov (2009):
Wenn es Dich interessiert, kommt jetzt eine längere Geschichte der genauen Umstände seiner Entdeckung. Du wirst ungefähr 5-10 min brauchen, sie zu lesen.
Die Geschichte der Entdeckung (ausführlich):
Wir befinden uns im Jahre 1952 in Russland. Dr. Buteyko hatte wieder einen Krampfanfall. Er war zwar noch ganz am Anfang seiner Karriere, erst 29 Jahre alt, um genau zu sein, und doch war er schon einer der besten Ärzte des Landes mit Stipendien und Bestnoten, ein begnadeter Diagnostiker. Und er war krank, sterbenskrank.
Eine schwere Form der Hypertonie, Bluthochdruck der unangenehmsten Art. Heutzutage tritt er in dieser Form seltener auf, vor allem, da es bessere Medikamente gibt. Doch ihm, dem Doktor, wurden in dieser Zeit vom Mitglied des akademischen Stabes Prof Dr. Dariev noch eine Lebenserwartung von maximal 18 Monaten zugebilligt. Da half ihm auch nicht, dass er an der angesehensten Uni des Landes mit Bestnoten studiert hatte und bereits viele Untersuchungen zu seiner speziellen Problematik angestellt hatte.
Ihm war schwindelig, er hatte rasende Kopfschmerzen und er fühlte sich verwirrt. Sein ansonsten konzentrierter und fokussierter Geist konnte sich nur mit Anstrengung sammeln und er suchte nach Lösungen. Doch er, der Student mit Bestnoten, der begnadete Diagnostiker, fand einfach keine Lösung.
So eine schwere Form des Bluthochdrucks bekamen normalerweise nur Raucher, adipöse Patienten oder Leute mit Organschädigungen oder anderen jahrelangen schweren Krankheiten. Es ist äußert selten, dass ein junger Mann wie Dr. Buteyko, der sich doch vorbildlich verhielt, so etwas bekam. Er wunderte sich. Und er war trotzdem seltsam ruhig, fast so als würde er neben sich stehen. All diese Jahre äußerst fokussierten Lernens der Physiologie, Biologie, Chemie, Diagnostik usw. hatten dazu geführt, dass er seine Umwelt vollständig ausblenden konnte. Er hatte eine starke Vorstellungskraft. Und wenn er sich ganz in diese Vorstellungen und Suche nach Lösungen versetzte, vergaß er manchmal seinen vor Schmerzen pochenden Körper. Er konnte dann alles ausblenden. Totaler Fokus fiel ihm trotz der Krankheit meistens immer noch leicht. Und er konnte einfach nicht glauben, dass er sterben würde. Es war nicht so, dass er es nicht hätte akzeptieren können, nein, es war vielmehr so, als existiere dieses Universum, in dem er sterben würde, gar nicht richtig. Dennoch, die Prognose war eindeutig. Er würde sterben! Sein systolischer Blutdruck stieg bisweilen auf über 210. Normal ist 120. Ab ca. 140-150 hat man meistens bereits Bluthochdruck. Es war ein Tornado und er war im Zentrum. Es war gleichzeitig der Höhepunkt einer Art schamanischen Krise, doch davon wusste der Doktor noch nichts. Er glaubte an Gott, ja, aber auch in dieser Krise wollte er sich nicht alleine auf diese Mächte verlassen oder nur beten. Nein. Warum sollte er beten? Sein Wissen, das Gefühl um sein Überleben waren so tief in ihm verwurzelt, dass er nicht einmal hätte beten — im Sinne von bitten — können. Es wäre ihm trotz des Glaubens ein wenig lächerlich erschienen. Nein, er dachte nach und er träumte, fühlte. Das war seine Form des Gebets. Heute würde man sagen, er visualisierte. Dennoch, die Verschlechterung seiner Augen durch den Bluthochdruck und die ständigen Kopfschmerzen machten ihm zu schaffen. Er würde fast blind sein, bevor er sterben würde. Blind und hilflos.
Aber irgendwie war es doch seltsam. Bei dem, was er gelernt hatte, hätte gerade er es am besten wissen müssen. Wäre dies eine Prüfungssituation, hätte man ihn mit diesem naiven Gedanken, dass er überleben werde, nicht bestehen lassen können. Nein, er würde sterben.
Doch Buteykos Gedanken machten sich häufig frei von Lehrmeinungen oder deren Einschränkungen. Er war Minimalist, besaß wenige Sachen und sein Denken war frei und flexibel. Geld interessierte ihn nur, soweit er es für seine Forschung und sein Team benutzen konnte. Er überlegte und ging in seinen Gedanken zurück zu den letzten Jahren seines Studiums. Er hatte ein längeres Praktikum in einem Krankenhaus gemacht. Man war dort schon früh auf ihn aufmerksam geworden, da seine diagnostischen Fähigkeiten in keinem Verhältnis zu seinem Alter standen. Er war schon als Student ein Überflieger. Und man gab ihm damals eine schwierige Aufgabe. Er solle doch einmal untersuchen, ob man nicht in den letzten Wochen vor dem Tod einer schwer kranken Person den genauen Todeszeitpunkt besser ermitteln bzw. abschätzen könne. Der Professor der Uni hatte ihm diese Aufgabe nicht umsonst gegeben. Es war auch ein wenig Neid dabei. Keiner der Professoren oder Ärzte der Uni hatten auch nur annähernd solch gute diagnostische Fähigkeiten wie dieser Musterstudent. Man wollte ihn auch mal scheitern sehen. Niemals könne er das rausfinden, dachte sein medizinischen Ausbilder, ohne dass ihm dieser Gedanke selber ganz klar war. Buteyko war einfach schon zu gut, es würde ihm gut tun, einmal ordentlich zu scheitern. Und das würde auch den Abstand zu seinen weniger talentierten Kollegen verringern.
Und dann geschah das Seltsame. Er scheiterte damals nicht. Komisch, denn jetzt, Jahre später, im Moment seines völligen Niedergangs und unter großen Schmerzen wurde ihm irgendwie bewusst, dass diese „unlösbare“ Aufgabe ihn zu dem bisher wohl wichtigsten Moment in seinem Leben geführt hatte. Er hatte es vorher nicht gespürt. Er war ein Visionär und die Lösung der Aufgabe seines Professors erschien ihm damals nach einigen Wochen harter Arbeit geradezu einfach. Aber er hatte sich selber die nötige positive Bestätigung für die Entdeckung verweigert. Er hatte zu wenig darüber nachgedacht. Viel zu wenig.
Doch nun dachte er weiter. Wieso hatte er es damals nicht weiterverfolgt? War es der Neid der anderen, der ihn zum Verharren gebracht hatte? Es war nämlich nicht so, dass man ihn von da an gelobt oder beglückwünscht hätte. Was war geschehen?
Buteyko hatte tatsächlich wieder und wieder demonstriert, dass er nach einigen Wochen der konzentrierten, stillen Beobachtung von zig Patienten mit chronischen Krankheiten im Endstadium den Todeszeitpunkt bald weitaus genauer voraussagen konnte als irgendjemand der Ärzte des Krankenhauses.
Und was geschah danach? Er bekam nichts weiter als einen etwas zweifelhaften Ruf, als würde er seine Informationen aus irgendwelchen „Quellen“ speisen. Es gingen einige merkwürdige Gerüchte um. Aber nichts davon war wahr.
Buteyko hatte lediglich folgendes gemacht:
Er hatte die kranken Menschen ruhig und lange angeschaut Er hatte sie beobachtet. Wie sie atmen, wie sie essen, wie sie denken. Er hörte ihnen zu. Hatte das denn noch niemand getan? Es musste so sein, denn bereits nach drei Wochen kannte er den Unterschied. Es war die Atmung! Es war einfach die Atmung. Man konnte es sehen. Es war so einfach, dass es nicht wahr sein konnte. Sie atmeten schneller, tiefer und unruhiger. Und je schneller und tiefer die Leute mit Zivilisationskrankheiten gegen Ende ihres Lebens atmeten, desto näher kam der Zeitpunkt des Todes.
Es gab natürlich auch damals schon Menschen, die das zumindest unbewusst ahnten oder intuitiv spürten. Es waren die erfahrenen Krankenschwestern. Aber scheinbar hatte bis dahin kein Arzt einer solchen einmal zugehört oder die Information weiter erforscht.
Als Student zu dieser Zeit war Buteyko zu jung, um die Bedeutung des Ganzen sofort zu erfassen. Man hatte ihn klein gehalten. Sein nunmehr etwas zweifelhafte Ruf in dem Krankenhaus hatte ihn beeinflusst, anstelle der angemessenen Sensation, nahm niemand die Beobachtung erst. Es fehlte überall an Wahrnehmungskraft.. Aber ihm wurde jetzt langsam klar, dass dies wichtig gewesen sein könnte, denn just in diesem Moment, in dem er starke Symptome des Bluthochdruckes hatte, machten seine Gedanken einen Sprung. Es war wie ein Licht, ein farbiges extrem komplexes Muster, eine Kraft schoss seine Wirbelsäule hinauf und für einen Moment wurden alle Symptome überblendet durch ein Licht und komplexe Muster, die wie ein Film oder eine Vision in seinem Kopf für Aufmerksamkeit sorgten. Aber das Ganze hielt nur einige Sekunden an, dann kamen die Schmerzen zurück, der Kopf fühlte sich an, als explodierte er fast. Ihm war schlecht und schwindelig. Diese bunten Muster, diese Wärme und vor allem dieses ekstatische Gefühl. Was war das gewesen? War er schon fast tot?
Die Symptome des Bluthochdrucks hatten ihn schnell wieder im Griff. Heute waren sie bereits den ganzen Tag über recht unangenehm gewesen. Es ging ihm an die Substanz. Und dann kam ihm plötzlich der Gedanke, der sein Leben verändern und in den kommenden Jahrhunderten vielleicht viele Millionen Leben retten würde.
Er dachte sich: „Wie wäre es, wenn ich das Gegenteil der sterbenden Leute tun würde und anfange, weniger zu atmen? Wenn ich die Tiefe meines Einatmens für einige Minuten sanft reduziere und mich beim Ausatmen vollkommen entspanne ohne etwas zu forcieren?“—
Und er fing an, die Menge der Luft beim Einatmen leicht zu reduzieren. Er versuchte sich — vor allem das Zwerchfell bei der Ausatmung — zu entspannen, denn er wusste, dass so eine Reduktion Stress machen kann. Das wollte er unter allen Umständen vermeiden. Die Sterbenden waren ja auch oft tagelang gestresst gewesen. So reduzierte er den Atem nur um ca. 15-20 %. Er reduzierte nur die Tiefe seiner Einatmung und entspannte sich voll beim Ausatmen. Er presste die Luft nicht raus, nein, er entspannte einfach sein Zwerchfell. Er wollte sein natürliches Atemmuster nur ganz leicht verändern. Er bekam leichten Lufthunger. Aber er regulierte den Lufthunger durch die Tiefe der Atmung und Entspannung. Langsam wurde er klarer, ein Teil der Vision von eben kehrte zurück, leicht im Hintergrund, aber doch merklich. Sein Geist wurde heller und seine Wirbelsäule fühlte sich lebendiger an. Und nach etwa acht Minuten geschah das Unfassbare. Seine Symptome klangen ab. Seine Kopfschmerzen waren um 50 % verringert. Sein Schwindel war fast ganz weg und er konnte sogar wieder etwas besser sehen. Und da war diese Energie in seiner Wirbelsäule und in seinem Kopf, nicht so stark wie bei der kurzen Vision vorhin, aber doch merklich. Er musste an eine alte Yogaschrift denken, die er mal gelesen hatte, in der auch etwas von Energien in Kopf und Wirbelsäule stand. Doch jetzt wollte er es genauer wissen. Also fing er an zu hyperventilieren. Er atmete tief und schnell. Was würde passieren? Viele Ärzte empfahlen doch genau solche Übungen: „Atme doch mal tief durch.“
Und er hatte es schon geahnt. Seine Symptome wurden wieder schlimmer. Nach drei Minuten waren sie bereits auf das anfängliche Level gestiegen.
Er stoppte die schnelle, tiefe, beschleunigte Atmung und fing an, sich erneut zu entspannen. Er reduzierte also wieder das Volumen der Einatmung leicht. Diesmal entspannte er sich noch mehr, er entspannte besonders sein Zwerchfell mit jeder Ausatmung – seine präzise Vorstellung des menschlichen Körpers als geschulter Anatom machten dies sehr leicht für ihn – und er reduzierte die Menge der Einatmung sogar um fast 30 %. Das Ergebnis ließ ihn schaudern. Er hatte jetzt zwar Lufthunger, aber er entspannte sich körperlich und geistig so gut er konnte…
Seine Symptome verschwanden diesmal fast vollständig nach wenigen Minuten.
Das konnte nicht sein.
Das war zu einfach.
Viel zu einfach.
Die Idee von einem Nobelpreis schwebte praktisch an ihm vorbei. Er griff sie nicht auf. Ihn interessierte das nicht. Er war immer noch vollkommen außer sich. Die Vision. Dieser Energiestrahl durch Wirbelsäule und Kopf für einige Sekunden und dann diese Idee. Diese kindische Idee, den Atem zu reduzieren.
Und nun stand er hier. Ihm war kaum noch schlecht, er zitterte nicht mehr, seine Kopfschmerzen waren nur noch leicht und sein Geist arbeitete in einem Tempo und Fokus, dass es selbst für ihn ungewöhnlich war. Selbst seine unter der dicken Brille versteckten Augen waren schon etwas klarer geworden.
Er würde sich Testpersonen besorgen müssen. Er musste jetzt nachdenken. Wieso konnte das sein? Er ging in sein Büro und nutzte jede freie Minute des Tages um nachzudenken. Es war viel zu einfach. Aber war es wirklich so einfach? Selbst er hatte bereits fast zehn Jahre lang medizinisches Wissen gepaukt und schon fast zwei Jahre praktiziert, bevor er darauf gekommen war. Es war wohl doch gar nicht so einfach. Der Atem wird in der modernen Medizin einfach fast nie beachtet. Normen bezüglich der Atmung sind den meisten Medizinern unbekannt (obwohl es sie gibt). Wie sollte man also darauf kommen? Es war eine Art schlechte Gewohnheit. Man hatte sich nie die Zeit für genaue Beobachtung der Alltagsatmung gelassen. War es Schicksal, dass der Neid der Ärzte, die nicht beobachten konnten, die nicht stundenlang stillsitzen konnten, um dem Atem einer kranken Person zu lauschen, ihn damals förmlich zu dieser Entdeckung getrieben hatten? Ja, das Schicksal war irgendwie daran beteiligt, das spürte er ganz deutlich. Aber er mochte es nicht, wenn er anfing so zu denken. Es war ihm irgendwie unangenehm. Das war der Preis der harten russischen Wissenschaftsschule gewesen. Er schämte sich fast seiner natürlichen Spiritualität, seiner Gabe, Visionen zu erzeugen, seinen Körper förmlich zu verlassen, wenn er ganz tief nachdachte, die Außenwelt völlig zu vergessen und dieses tiefe Vertrauen, dass alles gut würde. Und er durfte es so nicht nach außen kommunizieren. Man hätte ihn für verrückt erklärt. Er wollte und konnte so nackt nicht sein. Angst. Berechtigte Angst. Aber er schämte sich nicht als arbeitender Wissenschaftler. Er arbeitete sowieso schon unermüdlich und in diesem Moment arbeitete sein Kopf wie verrückt. Er konnte die Gedanken gar nicht mehr bremsen. Er musste jedem nachgehen. Es war möglicherweise die medizinische Entdeckung des Jahrhunderts.
Würde das Ergebnis reproduzierbar sein? Würde es vielleicht sogar bei anderen Problemen helfen? Und würde er von nun an auch seine Krankheit dauerhaft heilen können, nicht nur die Symptome?
Er überprüfte seine grundlegende Idee in den folgenden Wochen an vielen Asthmatikern, da er solche im Krankenhaus jederzeit vorfand. Es gelang den meisten von ihnen, mit seinen sich mehr und mehr verfeinerten Atemübungen und anderen Techniken sowie Lifestyleveränderungen, die er daraufhin entwickelte, ihre Symptome zu linden und ihre Asthmaanfälle zu stoppen. Außerdem brachte er die Krankheit bei sich selbst in kurzer Zeit durch mehrere Stunden Übung am Tag schließlich komplett zum Verschwinden. Ab diesem Zeitpunkt widmete sich Buteyko den Rest seines Lebens der Entwicklung und Erforschung der nach ihm benannten Buteyko-Methode. In vielen Ländern der Welt ist sie bereits bei diversen chronischen Krankheiten von Regierungen oder Krankenkassen empfohlen. Auch in Russland wurde sie während langer Phasen von der Regierung unterstützt, zur Zeit des kalten Krieges und Josef Stalins Nachfolger, Nikita Chruschtschow, aber immer extrem davon abhängig, wer die entsprechenden Regierungsposten besetzte. Es war auch immer wieder eine sehr gefährliche Zeit für Buteyko, je nachdem, wie die Machtverhältnisse verteilt waren. Besonders erstaunlich war für Buteyko die Erkenntnis, dass praktisch jede chronische Zivilisationskrankheit auf die Mittel der Methode ansprach, solange es noch keine fundamentale unumkehrbare physiologische Zerstörung des Körpers gab. Nach einigen weiteren Jahren hatte Buteyko dann eine lehrbare höchst effiziente Methode entwickelt, die die meisten Menschen von einer Ausbilderin in etwa zehn Stunden lernen können.
Reproduzierbar?
Viele Fragen zu Buteyko sind heute noch offen. Die Frage nach der Reproduzierbarkeit seiner ersten Ergebnisse ist heute allerdings gut zu beantworten — besonders als erfahrener Ausbilder.
Die positiven Ergebnisse waren (und sind) immer dann reproduzierbar, wenn die Qualität der Ausbilder hoch war. Deren eigenes „Atem-Level“ (was das ist und wie man es messen kann, wird ausführlich in den Büchern und Videokurs thematisiert) wäre dabei an erster Stelle zu nennen. Die Erfolgsquoten von Buteyko und den Ärztinnen, die er in den folgenden Jahrzehnten in der Methode ausbildete, waren absolut eindeutig. Die Quoten sind so gut, dass sie leicht unglaubwürdig erscheinen können. Von solchen Quoten im damaligen Russland sind heutige Ausbilder meist meilenweit entfernt (Warum, wird im Verlauf des neuen Buches erklärt ). Dazu kommt, dass auch die Kunden oft nicht genug tun und die Sache zu leicht nehmen. Die Methode erfordert im Krankheitsfall tägliches langes Üben der Atmung, sowie sehr viel Bewegung, tägliche Analysen, eine vernünftige Ernährung und teilweise radikale Maßnahmen, wenn Chroniosepsis vorliegt (siehe Kapitel im neuen Buch dazu) . Das kann ein enormer Aufwand sein und sehr viel Mut erfordern, besonders am Anfang.